In den vergangenen Monaten habe ich mit mehreren Verbandstrainern aus dem Tennis über die Wirkung von Padel-Training auf das klassische Netzspiel gesprochen. Die Rückmeldungen waren bemerkenswert einheitlich: Wer regelmäßig Padel spielt – ob im Jugendbereich oder im Erwachsenenalter – verbessert spürbar seine Qualität am Netz. Dabei geht es nicht nur um technische Details, sondern um ein umfassenderes Spielverständnis im Vorderfeld – genau dort, wo viele Tennisspieler Schwierigkeiten haben, weil das Netzspiel im klassischen Training oft zu kurz kommt.
Padel bringt hier einen anderen Zugang. Durch die Spielform selbst wird das Netzspiel nicht als optionaler Teil geübt, sondern ist integraler Bestandteil jedes Ballwechsels. Wer Padel spielt, steht deutlich häufiger am Netz, muss dort entscheiden, reagieren, blocken, platzieren. Die Zahl der wiederholten Netzaktionen ist hoch, und dadurch entsteht automatisch ein Trainingseffekt. Bewegungsmuster werden verinnerlicht, das Stellungsspiel wird präziser, der Körperschwerpunkt stabiler geführt. Diese Eigenschaften sind direkt übertragbar auf das Netzspiel im Tennis.
Was besonders auffällt, ist die hohe Varianz, mit der im Padel Volleys gespielt werden. Es geht nicht nur um harte Schläge oder bloßes Blocken – vielmehr entstehen kreative Winkel, kontrollierte Richtungswechsel, Rotationen und kurze, saubere Bewegungen, die mit wenig Ausholweg auskommen. Die Spieler lernen, mit dem Raum bewusst umzugehen, zwischen Aggression und Kontrolle zu variieren und auf unerwartete Situationen schnell zu reagieren. Genau das fehlt im klassischen Tennistraining häufig, weil dort Volleys eher in isolierten Übungen trainiert werden und seltener in echten Spielsituationen vorkommen.
Ich habe selbst erlebt, wie sich bei Jugendlichen nach wenigen Wochen Padel-Training das Verhalten am Netz verändert. Sie gehen schneller und gezielter nach vorne, stehen stabiler, halten den Schläger besser vorbereitet und treffen mutigere Entscheidungen. Auch bei erwachsenen Spielern, die sonst defensiv geprägt sind, sehe ich im Padel oft einen Durchbruch – nicht theoretisch herbeigeführt, sondern über das wiederholte Erleben der Spielsituation.
Mehrere erfahrene Trainer aus dem Verband haben unabhängig voneinander betont, wie hilfreich dieser Impuls durch Padel gerade für jene Spieler ist, bei denen das Netzspiel bislang eine Schwäche war. Besonders im Doppel, wo Reaktion und Netzpräsenz entscheidend sind, fällt der Unterschied deutlich auf. Padel bietet eine Art geschütztes Lernfeld: kleinere Distanzen, langsamere Bälle, klare Rollenmuster – und damit ein ideales Terrain, um Bewegungen und Entscheidungen zu automatisieren.
Padel ersetzt natürlich kein vollständiges Tennistraining. Aber es ergänzt es auf sinnvolle Weise. Wer im Tennis das Spiel nach vorne stärken will – sei es im Leistungsbereich oder im ambitionierten Freizeitsegment – kann von Padel konkret profitieren. Die Fortschritte entstehen nicht durch Theorie oder Korrektur, sondern durch Handlung, Wiederholung und echtes Spiel.
Für Trainer eröffnet sich dadurch eine interessante Perspektive: Padel kann gezielt eingesetzt werden, um das Tennisnetzspiel auf eine neue Grundlage zu stellen. Es braucht dazu keine ideologische Grundsatzdiskussion – die Wirkung zeigt sich in der Praxis, im Spielverhalten, im Selbstverständnis der Spieler.
Ich bin überzeugt, dass Padel in diesem Zusammenhang künftig eine wichtige Rolle spielen kann – als Trainingsform, als Impulsgeber und als Brücke für Entwicklung. Und genau darin liegt seine Stärke.
Andreas Ehstand, Sportwissenschaftler
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Andreas Ehstand
Ball Science 4 U
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